Asset Management bedeutet ganz allgemein „Vermögensverwaltung“ und Real Estate Asset Management hat demnach die Verwaltung von Immobilienvermögen zum Gegenstand. Dabei gilt zu beachten, dass das Verwalten als aktive Tätigkeit verstanden wird.
Unstrittig ist, dass die Kapitalmärkte mehr und mehr das Geschehen auf den Immobilienmärkten bestimmen. Die Immobilienmärkte sind schon lange keine Insel mehr, auf welcher eigene Gesetze und Ansichten losgelöst von anderen gelten. Immobilien als Kapitalanlage haben ihre unbestrittenen Vorzüge – aber sie sind Teil des Kapitalmarktes, wenngleich sie dort nur einen geringen Marktanteil haben. Dies ist aber der Grund, warum die Regeln des Kapitalmarktes die Immobilienmärkte dominieren. Insofern lohnt für alle Immobilienmarkt-Teilnehmer ein Blick auf die Definitionen des BVI (Bundesverband der Investment und Asset Manager), welcher immerhin rund 90% des deutschen Kapitalmarktes abdeckt.
Der BVI definiert: „Asset Management bedeutet die Steuerung eines Anlageportfolios (zum Beispiel aus Aktien, verzinslichen Wertpapieren und/oder Immobilien) nach Risiko- und Ertragsgesichtspunkten. Zu dieser Dienstleistung gehören die Vorbereitung und Umsetzung von Anlageentscheidungen hinsichtlich des Geldvermögens Dritter.“ Diese Definition des BVI steht völlig in Einklang mit den Anforderungen des Asset-Liability-Managements, welches seit Jahrzehnten das Handeln der institutionellen Kapitalanleger bestimmt.
Bis etwa 2007, vor „Lehman“, wähnte sich die Immobilienbranche auf besagter Insel und die angelsächsisch geprägte Sichtweise des Real Estate Asset Management weit verbreitet und en vogue. Dies hat sich aus gutem Grund geändert – nicht nur die Zeit der Subprime-Krise hat gezeigt, dass der „angelsächsische Real-Estate-Ansatz“ als gescheitert einzustufen ist, sondern auch generell sind die vielstufigen hierarchischen Gliederungen von vermeintlichen Management-Ebenen nicht mehr zeitgemäß. Der Trend geht zum Auflösen oder Reduzieren von Hierarchie-Ebenen und einer eher projekt- und aufgaben-orientierten Organisation.
Die angelsächsische Immobilien-Welt hatte vorgegeben, dass das Asset Management in viele (in manchen Unternehmen in bis zu sechs Hierarchie-Ebenen) zergliedert und mehr und mehr zu einem Controlling von outgesourcten Dienstleistungen wurde. Der Bezug „zum großen Ganzen“ fand in der so gefundenen Hierarchie-Ebene „Real Estate Asset Management“ nicht mehr statt. Vielmehr ging es um ein Finden, Steuern und Kontrollieren von Dienstleistern des Property und Facility Managements. Hinzu kam das „Feigenblatt“ der Strategiefindung für einzelne Objekte, wenngleich die Umsetzung dieser „Strategien“ direkt outgesourct wurde.
Tatsächlich aber geht es beim Asset Management um wesentlich mehr.
Asset Management ist ein Prozess
Am Ende des Tages haben alle institutionellen Investoren einen Asset-Liability-Management-Prozess. Diesen müssen sie erfolgreich abarbeiten, sonst wird zwangsläufig eine Schieflage in der Unternehmensbilanz entstehen und das Unternehmen über kurz oder lang vom Markt verschwinden. Der ALM-Prozess steht über allem. Um die Anforderungen an diesen zu erfüllen – sei es durch wirtschaftliche Notwendigkeiten oder durch gesetzliche Normen – muss das Zusammenspiel von und der Ausgleich zwischen Assets und Liabilities geplant, organisiert und gestaltet werden.
In der Praxis findet sich – gerade bei den großen, hoch professionalisierten Kapitalanlegern – ein lediglich zwei-stufiger Management-Aufbau. In der hierarchisch oberen Ebene liegt das Investment-Management über alle vorhandenen Assets und Liabilities. Es wird gedanklich so verfahren als habe man einen großen Mischfonds und betrachtet und steuert in diesem gleichermaßen Assets und Liabilities. Darunter ist das Asset Management angesiedelt. Es übernimmt, wie mehrfach diskutiert, die Verantwortung für eine jeweilige Assetklasse. (Bei sehr großen Bestandshaltern findet sich die Ausbildung von eigenen Assetmanagement-Firmen – eine für jede Assetklasse.)
Im Investment-Management warden die Anforderungen des ALM-Prozesses erfüllt. Einen wichtigen Beitrag hierzu leistet das Management der vorhandenen einzelnen Assetklassen – kurz das Asset Management. Das Asset Management ist eine Tätigkeit – ein Prozess, dessen Qualität den Beitrag der einzelnen Assetklasse zum Gesamterfolg bestimmt. Er findet kontinuierlich über die drei Phasen Kaufen, Halten, Verkaufen hinweg statt.
Jede einzelne Position im Aktienbestand, Rentenbestand, Immobilienbestand etc. muss beständig hinterfragt und überprüft werden. Dazu müssen Überlegungen angestellt werden, was mit jeder Einzelposition geschehen soll, damit – je nach Zielvorgaben – die Performance steigt, das Investment-Risiko sinkt oder etwa die Fungibilität oder die Vermarktbarkeit verbessert werden. Es sind also für jede einzelne Position in einem Bestand konkrete Handlungsanweisungen zu formulieren und dann im Zuge des AM-Prozesses abzuarbeiten. Asset Management ist eine kontinuierliche, aktive Tätigkeit – es geht um das Formulieren und Abarbeiten von konkreten Maßnahmen für jede einzelne Position in einem Bestand unter Berücksichtigung von Interdependenzen im Bestand, um hierdurch den Gesamtbestand in einer Assetklasse und somit ihren Beitrag zum ALM auszusteuern. Das Asset-Management setzt an beim gewünschten Beitrag einer Assetklasse zum ALM-Prozess und muss dazu zwingend und fortwährend jede Position im Bestand überprüfen und in Frage stellen.
Diese prozess-orientierte Sichtweise des Asset Management ist geprägt durch den Kapitalmarkt und ist Stand der Dinge bei großen institutionellen Kapitalanlegern und hält seit einigen Jahren Einzug in Unternehmen der Immobilienbranche. Das (Real Estate) Asset Management ist eine Tätigkeit und keine Hierarchie-Ebene; sie beinhaltet neben der Arbeit an den einzelnen Positionen im Bestand den Blick für das Ganze.
Holprig ist es häufig noch bei der Umsetzung und Organisation in den Immobilienunternehmen – zu sehr wirkt das alte Denken noch nach. Gleichwohl kann man mit Fug und Recht sagen, dass der angelsächsische Immobilien-Ansatz gescheitert und passé ist. Der Blick auf die harten Fakten zeigt, dass die kontinental-europäischen Immobilienmärkte (und hier insbesondere Deutschland) die Immobilienkrisen immer besser bewältigt haben als unsere Freunde in den USA, UK oder Irland. Ganz offensichtlich machen wir mit weniger angelsächsischer Immobilien-Prägung etwas richtig – oder zumindest nicht falsch. Und das ist der Blick für das Ganze mit der gleichzeitigen konkreten Arbeit am Objekt, die mehr auf Substanz, Stabilität und Nachhaltigkeit ausgelegt ist und weniger auf die Optimierung des kurzfristigen Cash Flow.
Gefragt (und Erfolgsfaktor) ist die Fähigkeit, die Ergebnis-Beiträge einer Asset-Klasse herunterzubrechen bis auf einzelne Maßnahmen – und wieder zusammenzufügen. Und dies fortwährend. Das ist der Prozess des Asset Management – getrieben durch den Kapitalmarkt. Und wenn Sie sich nun fragen, was denn Portfolio Management dann sei… Nicht umsonst werden Sie beim BVI-Lexikon keinen Eintrag zum Portfolio Management finden.
Wir Kontinental-Europäer müssen uns nicht verstecken. Wir verstehen von der Materie durchaus auch etwas. Insbesondere müssen wir uns nicht unter Wert verkaufen und uns angelsächsische Ideen, Ansätze und Definitionen immer zu Eigen machen. Ganz im Gegenteil: Wir können ruhig etwas mutiger sein und selbstbewusster auftreten – und unsere Sicht der Dinge und unsere Ansätze als die richtigeren vertreten. Gleichwohl sind wir als Immobilienmarkt-Teilnehmer gut beraten, uns die Sichtweisen der Kapitalmärkte zu Eigen zu machen. Hier werden die Regeln auch für unsere Märkte geschrieben. Und diese fordern einen aktiven Beitrag zum Asset-Liability-Management.
Das Problem in der Immobilienbranche ist vielerorts ein angeknacktes Selbstbewusstsein, weil man ja nur wenige Prozente Marktanteil am Kapitalmarkt hat und der Umstand, dass jeder gern „Manager“ sein will. Und so gibt es sozusagen einen natürlichen Drang nach vielen Management-Titeln… dabei gilt doch eigentlich „form follows function“. Zunächst einmal muss geklärt werden, welche Aufgabe zu erfüllen ist – daraus ergibt sich dann, wie die Erfüllung organisert und geleistet wird. Und um welche Aufgabe geht es? Sie ahnen es – um das Asset-Liability-Management.
(Quellen und Verweise: BVI, Asset Management als Prozess, Einordnung Real Estate Asset Management)
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