Der Kurs der Europäischen Zentralbank in Sachen „Euro-Rettung“ ist durchaus nicht unumstitten. Ganz im Gegenteil. Gemeinsam mit 135 Kollegen wende ich mich erneut an die Öffentlichkeit…
Wir sind der Auffassung, dass das Vorgehen der EZB sich nicht mit geltendem Recht in Einklang bringen lässt. Artikel 123 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union untersagt der EZB den „unmittelbaren Erwerb von Schuldtiteln“ der Mitgliedstaaten. Was passiert denn gerade?
Bitte lesen Sie unseren Offenen Brief und bilden Sie sich Ihre eigene Meinung. Es steht viel auf dem Spiel. (Sie finden diesen u.a. in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung und auch online z.B. hier: http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/europas-schuldenkrise/neuer-appell-deutsche-oekonomen-werfen-der-ezb-staatsfinanzierung-vor-12569316.html)
Unser Aufruf.
Vor wenigen Wochen hat eine beachtliche Anzahl europäischer und amerikanischer „professioneller Ökonomen“ – darunter eine kleine Minderheit deutscher Professoren – in einem öffentlichen Aufruf die Anleihekäufe der Europäischen Zentralbank (EZB) verteidigt. Wir – 136 deutsche Professoren der Volkswirtschaftslehre – halten die in dem Aufruf vorgebrachten Begründungen für nicht stichhaltig. Außerdem sind die Anleihekäufe nach unserer Einschätzung rechtswidrig.
Artikel 123 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union untersagt der EZB den „unmittelbaren Erwerb von Schuldtiteln“ der Mitgliedstaaten. Damit ist klar gestellt, dass eine monetäre Staatsfinanzierung der Mitgliedstaaten verboten ist. Anleihekäufe im Sekundärmarkt sind nur zulässig, wenn sie nicht der monetären Staatsfinanzierung, sondern geldpolitischen Zielen dienen. Wenn die Anleihekäufe der EZB geldpolitisch motiviert wären, würde die EZB ein repräsentatives Portefeuille aller Staatsanleihen der Mitgliedstaaten oder auch privater Anleihen kaufen. Das tut sie aber nicht. Sie kauft nur Anleihen überschuldeter Mitgliedstaaten. Das ist monetäre Staatsfinanzierung.
Die monetäre Staatsfinanzierung ist zu Recht verboten, weil sie die Unabhängigkeit der Zentralbank gefährdet. Die Zentralbank soll das Preisniveau stabil halten. Es ist nicht ihre Aufgabe, die Risikoprämien zu verringern, die die Mitgliedstaaten auf ihre Anleihen am Markt zahlen müssen.
Die Autoren des oben genannten Aufrufs lehnen ein Eingreifen des Bundesverfassungsgerichts ab. Sie erklären, dies sei unvereinbar mit der Unabhängigkeit der Zentralbank. Wir halten dem entgegen: auch die EZB ist an Recht und Gesetz gebunden! Sie sollte dagegen unabhängig von der Politik sein. Das ist sie aber nicht, wenn sie sich bereit findet, durch Anleihekäufe die Haushaltsdefizite der Mitgliedstaaten zu finanzieren.
Die Unterzeichner:
Hanjo Allinger, Gerhard Arminger, Philipp Bagus, Ingo Barens, Hanno Beck, Tilman Becker, Dieter Bender, Volker Bergen, Norbert Berthold, Martin Biewen, Charles B. Blankart, Ulrich Blum, Friedrich Breyer, Martin-Peter Büch, Walter Buhr, Rolf Caesar, Volker Caspari, Frank Daumann, Dietrich Dickertmann, Klaus Diller, Juergen B. Donges, Axel Dreher, Norbert Eickhof, Mathias Erlei, Ulrich Fehl, Cay Folkers, Siegfried F. Franke, Jan Franke-Viebach, Wilfried Fuhrmann, Werner Gaab, Gerhard Gehrig, Robert Göötz, Wolf-Heimo Grieben, Thomas Gries, Heinz Grossekettler, Erich Gundlach, Gernot Gutmann, Gerd Habermann, Wilhelm Hankel, Gerd Hansen, Burkhard Heer, Carsten Herrmann-Pillath, Klaus Jaeger, Thomas Jost, Leo Kaas, Roland Kirstein, Henning Klodt, Rainer Knigge, Michael Knittel, Andreas Knorr, Ulrich Koester, Hans-Martin Krolzig, Jens Krüger, Jörn Kruse, Britta Kuhn, Rainer Künzel, Franz Peter Lang, Enno Langfeldt, Martin Leschke, Hans-E. Loef, Bernd Lucke, Helga Luckenbach, Reinar Lüdeke, Gerald Mann, Matthias Messner, Dirk Meyer, Georg Milbradt, Joachim Mitschke, Hans G. Monissen, Holger Mühlenkamp, Hubertus Müller-Groeling, Hans Heinrich Nachtkamp, Manfred J.M. Neumann, Peter Oberender, Renate Ohr, Rolf Peffekoven, Hans-Georg Petersen, Wolfgang Pfaffenberger, Wilhelm Pfähler, Ingo Pies, Thorsten Polleit, Bernd Raffelhüschen, Olaf Rank, Hayo Reimers, Stefan Reitz, Rudolf Richter, Wolfram F. Richter, Gerhard Rösl, Horst Rottmann, Gerhard Rübel, Karlhans Sauernheimer, Wolf Schäfer, Klaus-Werner Schatz, Joachim Scheide, Horst Schellhaaß, Jörg Schimmelpfennig, Michael Schmid, André Schmidt, Dieter Schmidtchen, Gunther Schnabl, Wolfgang Schöhl, Siegfried Schoppe, Jürgen Schröder, Alfred Schüller, Christian Seidl, Franz Seitz, Friedrich L. Sell, Jürgen Siebke, Hans-Werner Sinn, Sybille Sobczak, Rüdiger Soltwedel, Peter Spahn, Joachim Starbatty, Thomas Steger, Viktor Steiner, Manfred E. Streit, Wolfgang Ströbele, Theresia Theurl, H. Jörg Thieme, Peter Trapp, Stefan Traub, Ulrich van Suntum, Roland Vaubel, Stefan Voigt, Uwe Vollmer, Hermann von Laer, Hans-Jürgen Vosgerau, Adolf Wagner, Lothar Wegehenkel, Gerhard Wegner, Rafael Weißbach, H.-Dieter Wenzel, Rainer Willeke, Manfred Willms, Artur Woll, Achim Zink