Ein Kamel geht leichter durch ein Nadelöhr, wenn es gut eingefettet ist.
Kellog Abraham
Gestern Nacht war es so weit: die europäischen Spitzenpolitiker haben beim EU-Gipfel in Brüssel kräftig Schmierfett in Form von viel Geld verteilt. Eingefettet wurde ein Kamel, das auf den Namen „französische Banken“ hört, gefolgt von anderen Banken. Und tatsächlich heute, am Tag darauf, kam die Bestätigung vom Nadelöhr – dem Kapitalmarkt. Das Kamel passt durch, die Bankaktien steigen zweistellig – allen voran die französischen Banken. (Stand als ich diesen Beitrag schreibe, steht die Credit Agricole mit über 21% (!) im Plus.)
Mit viel, viel Geld wurde hier mehrheitlich dem französischen Bankensektor unter die Arme gegriffen. Ein Schelm, wer vermutet, dies könne mit den in wenigen Monaten in Frankreich stattfindenden Präsidentschaftswahlen in irgendeinem Zusammenhang stehen. Ob es einen solchen Zusammenhang gibt, weiß ich nicht – offiziell ging es nur um Griechenland. Die getroffenen Beschlüsse (Schuldenschnitt um 50%, Haushaltsbeirat, Hebelung, 30% Versicherung, höheres Eigenkapital bei den Banken und Verpflichtung Italiens) sind bekannt. Auf diese möchte ich nicht weiter eingehen…
Es ging um Griechenland. Aber ist Griechenland denn nun wirklich geholfen worden? Ich denke, da lohnt ein genauerer Blick. So, wie die französischen und die anderen Banken und Versicherungen auf 50% ihrer Darlehen an Griechenland verzichten müssen, so gilt die auch für die griechischen Banken und Versicherung, wie zum Beispiel die griechische Rentenversicherung. So werden es insbesondere die griechischen privaten Institutionen sein, die Verluste durch den Schuldenschnitt erleiden. Es wird also zu einer Schwächung dieser Institute kommen, so dass der griechische Staat aufgefordert sein wird, hier helfend einzuspringen. Was er – aufgrund der eigenen Bedrouille nur begrenzt kann. Man muss das einmal aussprechen – da wird eine griechische Bank den griechischen Staat anrufen und sagen: „Lieber griechischer Staat, wir haben ein Problem. Wir erleiden hohe Verluste, die unser Kapital überfordern, weil Du Deine Schulden bei uns nicht bezahlst und wird Dir Schulden erlassen mussten. Jetzt gib‘ uns Geld, um uns zu stabilisieren.“ Ich denke, es wird deutlich, was ich sagen möchte. Da ist doch ganz offensichtlich ein Webfehler. Zumal Griechenland sehr wahrscheinlich nicht ausreichend stark sein wird, die notwendige Hilfe zu leisten. Wer wird also um Hilfe gebeten werden? Richtig – die europäischen Nachbarn.
Was ist nun gewonnen? Wenn die EU-Staaten aufgefordert werden, die griechischen Banken zu stützen, dann kann dies auf zwei Arten erfolgen. a.) Man leiht Griechenland Geld, damit es der griechische Staat in die griechischen Banken als staatliches Darlehen steckt oder b.) die EU-Partner beteiligen sich mit Eigenkapital an direkt an den Banken. Sprich: sie kaufen die griechischen Banken teilweise auf. Die erste Variante ist vermutlich die politisch korrektere – aber irgendwie doch zum Kopfschütteln. Dann könnte Griechenland auch einfach mit dem Geld seine Schulden bei den Banken abtragen. Der zweite Weg wäre viel richtiger, nur warum den Umweg über die jetzt getroffenen Beschlüsse? Es gibt gewiss mehr als einen Grund – im Zweifel sind es irgendwelche europäischen Verträge, die ein solches Vorgehen ausschließen. Aber in der letzten Zeit fühlte man sich ja auch nicht wirklich strikt an europäischen Verträgen gebunden. Warum also nun?
Werfen wir noch einen Blick auf die griechische Rentenversicherung. Wie gut wird diese in der Lage sein, die Verluste aus dem Schuldenschnitt zu verkraften? Kann sie die Rentenzahlungen noch leisten oder muss erneut der griechische Staat einspringen? Und falls ja, womit eigentlich?
Wenn man nun einmal kurz inne hält: Was haben die Griechen jetzt wirklich bekommen? Ja, die Banken und Versicherungen haben auf 50% ihrer Forderungen verzichtet. (Nebenbei: Was ist eigentlich mit den Papieren, die sich im Besitz von Privatpersonen befinden?) Griechenland hat jetzt deutlich weniger Schulden und muss weniger Zinsen bezahlen. Die griechischen Banken und Versicherungen haben jetzt deutliche Verluste zu tragen, für die im Zweifel der griechische Staat doch wird haften müssen. Und die Mittel für Griechenland, die nun ausbezahlt werden. An wen werden die fließen? Nun, an die Gläubiger der Griechen – namentlich an die Banken und Versicherungen, die so wenigstens einen Teil ihrer Darlehen zurück bekommen. In Griechenland bleibt kaum ein Euro. Es löst keine Investitionen aus und hilft auch nicht, die Wettbewerbsfähigkeit von Griechenland zu stärken. Was haben die Griechen unter dem Strich also wirklich bekommen?
Und noch eines… es wird in der Presse gern geschrieben, es handle sich in Wirklichkeit nicht um eine Euro-Krise, sondern um eine Bankenkrise. Vordergründig ja. Aber die Probleme der Banken gäbe es nicht, wenn die Staaten ihre Schulden begleichen würden. Tatsächlich ist es also eine „Staatsschulden-Krise“, ausgelöst durch ein Leben über die eigenen Verhältnisse. Oder noch deutlicher formuliert: wenn eine Bevölkerung von ihrem Staat immer mehr Leistungen und Annehmlichkeiten fordert und entsprechend wählt, ohne den dafür notwendigen Wohlstand zu erarbeiten, dann ist die Schuld genau dort zu suchen. Und das ist kein griechisches Problem. Wir alle leben über unsere Verhältnisse.
1 Comment
Leave your reply.