Aufgrund einiger Rückfragen, möchte ich heute den Beitrag vom Februar 2011 ergänzen, um das Gesamtbild des Real Estate Asset Managements in einem Artikel zusammen zu fassen. Dies soll es den Lesern leichtern machen und „ersparen“, sich die Informationen aus den verschiedenen Beiträgen selbst zusammen stellen zu müssen.
Der Druck der Kapitalmärkte und die Übertragung des Usancen der Kapitalmärkte auf die Immobilienwirtschaft haben in den letzten Jahren immer weiter zugenommen. In der Folge haben sich die Anforderungen an das Asset Management im Allgemeinen und an das Real Estate Asset Management im Besonderen verändert. Dies führt dazu, dass sich ein prozessuales Verständnis entwickelt hat.
Aus Sicht der Kapitalmärkte gibt es kein Portfoliomanagement innerhalb einer Asset-Klasse. Aus dem Argument heraus, dass ein „echtes“ Portfolio aus einer mehr oder weniger sinnvollen Kombination von verschiedenen Assets / Asset-Klassen besteht. Die sprachliche Verwirrung im deutschen Sprachraum lässt sich vielleicht am Besten „beheben“, wenn man in Bezug auf „asset management“ an Asset-Klassen Management denkt… oder einfach die direkte Übersetzung aus dem Englischen ins Deutsche verwendet. „Asset Management“ heißt übersetzt „Vermögensverwaltung“ und nicht etwa „Verwaltung eines einzelnen Vermögensgegenstandes“.
Beim Asset Management dreht es sich also um die Verwaltung von Vermögen. Wohlgemerkt ist „Vermögen“ schon sprachlich ein Singularetantum. Und ein kurzer Blick in den Duden zeigt „Vermögen“ als „die Gesamtheit der Aktiva, der Inbegriff der in Geld schätzbaren Güter einer Person (z. B. Bargeld, Forderungen, Anwartschaften, Grundeigentum). Nach römischem und gemeinem Recht waren die Schulden negatives Vermögen; nach dem BGB bilden sie eine Belastung des Vermögens.“ (Quelle: Duden Recht A-Z. Fachlexikon für Studium, Ausbildung und Beruf. 1. Aufl. Mannheim: Bibliographisches Institut & F.A. Brockhaus 2007)
Einordnung des Asset Management
Die nebenstehende Grafik (klicken zum Vergrößern) zeigt die Einordnung des Asset Management (Asset-Klassen Management) im Allgemeinen und die des Real Estate Asset Management im Besonderen. Zugrunde liegt das prozessuale Verständnis des Asset Management sowie die Zuordnung dieses Prozesses als Teil-Leistung des ALM (Asset Liability Management).
Diese Systematik steht im Einklang mit der Sichtweise des BVI (Bundesverband Investment und Asset Management e.V., www.bvi.de). Dem BVI gehört das „Who-is-who“ der Kapitalanlage-Branche an. Die Mitglieder des BVI haben eine Marktabdeckung von über 90% des deutschen Kapitalmarktes, so dass man sagen darf, dass die Sichtweise des BVI für den deutschen Markt maßgeblich ist.
Das Lexikon des BVI kennt kein „Portfolio-Management“, sondern nur das Managen von Assets / Asset-Klassen. Aus Sicht des BVI beinhaltet das Asset Management eben auch das „echte“ Portfolio-Management. Der BVI definiert: „Asset Management bedeutet die Steuerung eines Anlageportfolios (zum Beispiel aus Aktien, verzinslichen Wertpapieren und/oder Immobilien) nach Risiko- und Ertragsgesichtspunkten. Zu dieser Dienstleistung gehören die Vorbereitung und Umsetzung von Anlageentscheidungen hinsichtlich des Geldvermögens Dritter.“ Dies wiederum steht in Einklang mit der Definition des Duden und dem materiellen Vermögensbegriff, der sich aus der deutschen Gesetzgebung, insbesondere aus dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB), ableiten lässt.
Einordnung der immobilien-wirtschaftlichen Disziplinen
Grafik 2 (klicken zum Vergrößern) zeigt den Aufriss der immobilienwirtschaftlichen Disziplinen. Ein Real Estate Asset Management findet sich analog zur oberen Darstellung nicht. Es findet aus Sicht der Kapitalmärkte hier als Prozess für Immobilien, die im weitesten Sinne der Kapitalanlage dienen, statt. REAM ist also die Verwaltung von Immobilienvermögen – hier zum Zwecke der Kapitalanlage. Um diese Verwaltung (als tätigen Prozess) mit Leben zu erfüllen, sind verschiedene Bausteine des Immobilienmanagements sinnvoll zu kombinieren. Einen Überblick gibt die nebenstehende Grafik.
Im Widerspruch hierzu stehen definitorische Ansätze, welche immer wieder einmal in der immobilien-wirtschaftlichen Literatur auftauchen. Da die Immobilien letztlich auch nur eine Assetklasse neben anderen sind, empfehle ich, den Schulterschluss mit der Sichtweise der Kapitalmärkte zu suchen und auf „Begriffsklaubereien“ in der Immobilienwirtschaft zu verzichten. Die da und dort auftauchenden Versuche, neue definitorische Abgrenzungen und Einordnungen des Asset Management innerhalb der Assetklasse „Immobilie“ zwischen Portfolio Management und Property Management zu finden, tragen eher zur Verwirrung als zur Klärung bei.
Es ist wichtig zu verstehen, dass es kein „echtes“ Portfolio Management innerhalb einer Assetklasse gibt, sondern eben „nur“ z.B. ein Immobilien-Portfolio Management. Und dies wiederum ist nichts anderes als ein Steuern einer Assetklasse… ganz im Sinne des BVI.
Die Versuche, Abgrenzungen zwischen einer „strategischen Objekt-Ebene“ (= Real Estate Asset Management) und der Ebene des Immobilien-Portfolio Management herzustellen, sind auch aus Sicht der Kapitalmarkt- und Portfoliotheorie, gelinde gesagt, sehr schwierig nachzuvollziehen. Um ein Portfolio aus Risiko- und Renditegesichtspunkten aussteuern zu können, ist das permanente Berücksichtigen jeden einzelnen Objektes zwingend erforderlich. Es gibt keine losgelöste „strategische Objekt-Ebene“. Sie ist vielmehr notwendiger und integraler Teil des täglichen Portfolio Management.
Prozessuale Einordnung des Real Estate Asset Management
Wenn man also versucht, die Definition der gif (Gesellschaft für immobilienwirtschaftliche Forschung e.V., www.gif.de) zum Real Estate Investment Management REIM und die Definition des Asset Management des BVI sinnvoll zu verknüpfen, gelangt man zur nebenstehenden Darstellung (klicken zum Vergrößern). Diese Darstellung findet sich in ähnlicher Form u.a. bei Göötz, R. (2001 – 2010), Niesslein, G. (2008), Gondring, H. (2009) und Potratz, L.M. (2009).
Wenn man jedoch die weit-verbreiteten hierachischen Aufgliederungen bevorzugt und beispielhaft heranzieht, wird sofort ersichtlich, dass diese einer Überarbeitung bedürfen.
Richtigerweise muss eine hierachische Gliederung (aus Immobiliensicht) wie folgt aussehen:
A. Ebene Gesamt-Investment (alle Assets und Liabilities)
B. Ebene Real Estate Investment (alle Immobilieninvestitionen und dazugehörige direkte Finanzierungen)
C. Immobilien-Portfolio-Ebene, besser: Ebene des Immobilienbestands (Summe und Zusammenspiel aller Objekte)
D. Objekt-Ebene (Betrachtung der einzelnen Objekte)
E. Ebene der Flächeneinheit (Betrachtung der einzelnen (Miet-)Flächen)
Wie man sich diese angepasste hierachische Ordnung vergegenwärtigt, wird deutlich, dass unterschiedliche Management-Tätigkeiten auf unterschiedlichen Ebenen ansetzen und stattfinden. So findet das kaufmännische und technische Bewirtschaften einschließlich der Vermietung (als Teile des Property und Facility Managements) im Schwerpunkt auf der Ebene der einzelnen Flächeneinheit und dann auf Ebene des Objektes statt. Das Asset Management als Prozess findet zwingend auf Ebene des Immobilien-Bestandes und ebenso zwingend auf Ebene des Objektes statt. Das Eine bedingt das Andere – man kann es sinnvollerweise nicht trennen. Um es klar zu sagen: Das Real Estate Portfolio Management ist ein Teil des Real Estate Asset Managements. Und tatsächlich ist das Real Estate Asset Management nichts anderes als das, was die gif als Real Estate Investment Management beschreibt. Es geht darum, Immobilieninvestitioen auf Portfolio-Ebene und Objekt-Ebene vorteilhaft zu gestalten.
Was leistet nun das Asset-Management?
Jede einzelne Position in einem Aktienbestand, Rentenbestand, Immobilienbestand etc. muss beständig hinterfragt und überprüft werden. Dazu müssen Überlegungen angestellt werden, was mit jeder Einzelposition geschehen soll, damit – je nach Zielvorgaben – die Performance steigt, das Investment-Risiko sinkt oder etwa die Fungibilität oder die Vermarktbarkeit verbessert werden. Es sind also für jede einzelne Position in einem Bestand konkrete Handlungsanweisungen zu formulieren und dann im Zuge des AM-Prozesses abzuarbeiten. Asset Management ist eine kontinuierliche, aktive Tätigkeit – es geht um das Formulieren und Abarbeiten von konkreten Maßnahmen für jede einzelne Position in einem Bestand unter Berücksichtigung von Interdependenzen im Bestand, um hierdurch den Gesamtbestand in einer Assetklasse und somit ihren Beitrag zum ALM auszusteuern. Das Asset-Management setzt an beim gewünschten Beitrag einer Assetklasse zum ALM-Prozess und muss dazu zwingend und fortwährend jede Position im Bestand überprüfen und in Frage stellen.
Diese prozess-orientierte Sichtweise des Asset Management ist geprägt durch den Kapitalmarkt und ist Stand der Dinge bei großen institutionellen Kapitalanlegern und hält seit einigen Jahren Einzug in Unternehmen der Immobilienbranche. Das (Real Estate) Asset Management ist eine Tätigkeit und keine Hierarchie-Ebene; sie beinhaltet neben der Arbeit an den einzelnen Positionen im Bestand den Blick für das Ganze. (vgl. hierzu den Beitrag vom 3. August 2011)
Definition Real Estate Asset Management
Real Estate Asset Management als Managementprozess kann wie folgt definiert und abgegrenzt werden:
Das Real Estate Asset Management („REAM“) ist weniger eine hierachische Funktion oder Management-Ebene als vielmehr eine Tätigkeit / ein Prozess, an dessen Ende ein Ergebnis steht. Nämlich wie gut oder schlecht die Verwaltung eines Immobilienbestandes gelungen ist. Das REAM übernimmt letztlich im Rahmen dieser Tätigkeit die Gesamtverantwortung für alle Belange, die mit der Anlage von Kapital in die Assetklasse Immobilien verbunden sind. Es umfasst das Organisieren des Zusammenspiels der Leistungen auf Objekt- und Portfolio-Ebene, sowohl taktisch wie strategisch und beinhaltet explizit das Managen von immobilien-spezifischen Risiken sowie das Financial Engineering. Das Real Estate Asset Management erfolgt an der Schnittstelle zu Kapitalmarkt und Finanzmarkt. Es findet in Eigentümervertretung nach den Vorgaben des Eigentümers statt. Es erstreckt sich ausdrücklich nicht auf Prozesse des Asset Liability Management („ALM“), sondern ist ein Teilprozess dessen und erhält von diesem die Vorgaben – z.B. hinsichtlich absoluter Performance, Risiko-Ertragsrelationen, gebundenem Kapital, Risikoprämien etc. Das Real Estate Asset Management kann intern oder extern erbracht werden. Berichtet wird für das Asset Liability Management in der Regel an das (Gesamt-) Portfolio Management, welches sich über alle vorhandenen Assetklassen erstreckt.
Das REAM muss also ausdrücklich nicht zwingend die Optimierung der Performance als Kernleistung zum Gegenstand haben. Das wäre viel zu kurz gesprungen – ganz unterschiedliche Eigentümer-Vorgaben aus dem ALM-Prozess heraus sind möglich und denkbar.
Die Definition sowie die Herleitung und Begründung sind am 1. November 2010 veröffentlicht worden. Bitte lesen Sie hierzu die Fachzeitschrift: Immobilien & Finanzierung, Der langfristige Kredit, Heft 21-2010, Seite 764 ff., Verlag Helmut Ricardi, Frankfurt a.M., ISSN 1618-7741. Für das gesamthafte Verständnis möchte ich empfehlen, die Herleitung und Begründung für die Definition als Ergänzung zu diesem Beitrag zu verstehen und zu lesen. Einen Download des Artikels aus „Immobilien & Finanzierung“ finden Sie auf der Homepage der Zeitschrift.
Dieser Beitrag ist zur öffentlichen Verwendung – unter Nennung der Quelle – freigegeben. Prof. Dr. Robert Göötz am 26.08.2011
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