Im Jahr 2010 wird es nicht einfach werden, mit deutschen oder/und europäischen Rententiteln Geld zu verdienen. Den Kollegen von den Rentenfonds steht ein schwieriges Jahr ins Haus. An dieser grundsätzlichen Aussage ändert es auch nichts, dass Griechenland in dieser Woche in der Lage war, am Rentenmarkt 8 Mrd. Euro aufzunehmen – für 5,25% bis 6,5% bei fünf Jahren Laufzeit.
Warum ist das so? Erstens – 8 Mrd. Euro sind nicht besonders viel Geld für den gesamten europäischen Rentenmarkt. Zweitens glaubt niemand wirklich ernsthaft daran, dass die EU ihr Mitgliedsland im Fall des Falles bankrott gehen ließe…
Kommen wir also zurück zum generellen Ausblick für den Euro-Rentenmarkt. Dazu haben wir uns einmal die wichtigsten Zinssätze für Deutschland von Juli 1948 bis Dezember 2010 (* aktualisiert im Januar 2011) näher angesehen. Seit 1999 werden diese durch die Europäische Zentralbank festgelegt und gelten somit für den gesamten Euroraum.
Die oben stehende Grafik zeigt den Verlauf der wichtigsten Zinssätze über den Zeitraum Juli 1948 bis Dezember 2010.
Seit Juli 2009 lauten die Zinssätze wie folgt:
Basiszins: 0,12%
Einlagenzins: 0,25%
Leitzins: 1,00%
Spitzenrefinanzierungssatz: 1,75%
Es besteht ein Zinsdruck.
Unschwer ist zu erkennen, dass die Zinsen nicht mehr weiter fallen können. Über die historisch niedrigen Sätze hat die Europäische Zentralbank (EZB) im Zusammenspiel mit den anderen Zentralbanken der Welt Geld in die Märkte gepumpt. Mit dem Ziel, die europäischen Volkswirtschaften zu stabilisieren – aber auch zugleich einen signifikanten Beitrag zur Stabilisierung der Weltwirtschaft zu leisten. Gegenwärtig muss man sagen, dass dies funktioniert hat. Es gibt aber einen Zwang, dass eigentlich überschüssige Geld beizeiten wieder aus dem Markt zu nehmen. Dieser Zwang heißt Inflation.
Warum ist das Geld überschüssig? Dies ist einfach erklärt – die weltweite Produktion von realen Gütern ist geschrumpft; gleichzeitig ist die weltweite Geldmenge gestiegen. Das bedeutet, dass weniger Gütern mehr Geld gegenüber steht. Sofern diese Situation länger besteht und die Geldmenge nicht der Gütermenge angepasst wird, wird es zu Inflation kommen – bei gleichzeitigem Schuldendruck. Eine Entwertung des Geldes wäre die Folge. Dies wiederum steht im Widerspruch zu den grundlegenden Zielen von Zentralbanken. Sie werden also handeln müssen.
Der Überschuss der Geldmenge ist aber beileibe nicht der einzige Inflationstreiber. In die gleiche Richtung wirkt auch bei wieder anspringender Konjunktur eine Belebung der Nachfrage – insbesondere wenn diese durch eine Politik des billigen Geldes und durch entsprechende Kreditvergabe subventioniert wird. Die Gegenmaßnahmen liegen hier erneut in der Erhöhung der Zinsen…
Fazit: Die Zinsen werden in absehbarer Zeit steigen – steigen müssen. Auch, wenn die Inflationsrate gegenwärtig auf einem Tiefststand angekommen ist, wie die nachstehende Übersicht zeigt.
Inflationsraten für Deutschland in der Übersicht:
1970 – 2009: 2,98% p.a. im Schnitt
1999 – 2009: 1,54% p.a. im Schnitt
2004 – 2009: 1,76% p.a. im Schnitt
2009: 0,38%
Als eine “angemessene” Inflation wird gemeinhin ein Wert zwischen 2,50% und 3,00% p.a. angesehen – und auch gewünscht. Und weil wir zuletzt eine lange Periode der Geldwertstabilität erfahren haben, sei an dieser Stelle an die Jahre 1973 (7,05%), 1981 (6,36%) oder 1991 (5,13%) erinnert. Wenn Sie nun einen Blick in die oben stehende Tabelle werfen, sehen Sie, dass die Zentralbank die Inflation immer mit Zinssteigerungen bekämpft hat. Wir können also davon ausgehen, dass sich die Zentralbanken wieder so verhalten werden.
Niedrige Umlaufsrenditen im gegenwärtigen Markt.
Was bedeuten zukünftig steigende Zinsen für den Geld- und Rentenmarkt? Ein Blick auf die aktuellen Umlaufsrenditen zeigt das folgende Bild.
Zwei wichtige Dinge sind zu beobachten: 1.) In dem Zeitraum von Juli 2009 bis heute sind die Umlaufsrenditen über alle Papiere und Laufzeiten mehr oder weniger kontinuierlich gefallen. 2.) Der Spread zwischen den Kurzläufern und den Langläufern beträgt aktuell ca. 2,28%-Punkte und ist seit ca. sechs Monaten ziemlich konstant.
Schon hier zeigt sich, dass es gegenwärtig schwierig ist, am Rentenmarkt einen Werterhalt seines Kapitals zu erreichen. Die Zinserträge sind zunächst einmal zu versteuern. Setzen wir hier gedanklich einmal die Abgeltungssteuer in Höhe von 25% an, dann verbleiben Dreiviertel der Rendite. Nun stellen wir die zu erwartenden durchschnittlichen Inflationsraten entsprechend der Laufzeiten dagegen… und stellen fest, dass es schwierig wird am Rentenmarkt einen realen Werterhalt nach Steuern zu erzielen.
Es kommt allerdings noch hinzu, dass die Zinsen steigen werden. Dies bedeutet, dass die gegenwärtigen Rentenpapiere an Wert verlieren werden, da ihr Kurs auf ihrem Zinskoupon und ihrer Restlaufzeit im Verhältnis zum heutigen besonders geringen Zinsniveau basiert. Zu deutsch: bei einer Zinserhöhung werden die Kurse und damit der Wert der aktuellen Rententitel fallen. Die Umlaufsrenditen über alle dann am Markt befindlichen Rentenpapiere werden sich dem steigenden Zinsniveau anpassen.
Zusammengefasst lässt sich also sagen: Wenn zum einen die Inflation (und sei es nur in einem gesunden Maß von zwei bis drei Prozent) zurückkommt und zugleich die Zinsen erhöht werden, wirken gleich zwei Effekte auf die Renten ein. Die steigenden Zinsen sorgen für einen Kurs- und damit Wertrückgang der Papiere selbst; die steigende Inflation entwertet die laufenden Netto-Erträge und Kurse nochmals.
Gefahr einer inversen Zinsstruktur.
Derzeit beobachten wir eine normale Zinsstruktur. Dies bedeutet, dass die kurzfristigen Zinsen niedriger sind als die langfristigen. Umgekehrt zeigt sich eine inverse Zinsstruktur darin, dass die langfristigen Zinsen niedriger sind als die kurzfristigen. Inverse Zinsstrukturen weisen sehr oft (aber nicht zwingend) auf Verwerfungen am Geldmarkt hin. Zuletzt hatten wir eine inverse Zinsstruktur vor dem Ausbruch der Finanzkrise – ohne, dass diese ursächlich für die krise war. Sie war vielmehr einer von mehreren Indikatoren. An der Differenz zwischen kurz- und langfristigen Zinsen sowie dem Abstand der Spitzen in den Laufzeiten, kann man vorsichtige Rückschlüsse über die Dauer und die Schwere der Verwerfung ziehen… Wir verweisen in diesem Zusammenhang auf unsere damaligen Ausführungen.
Aktuelle Zinsstruktur in Deutschland (börsennotierte Papiere):
Restlaufzeit in Jahren | 1 | 2 | 3 | 4 | 5 | 6 | 7 | 8 | 9 | 10 |
Bundeswertpapiere | 0,65 | 1,15 | 1,60 | 1,98 | 2,32 | 2,62 | 2,88 | 3,11 | 3,31 | 3,48 |
Pfandbriefe | 1,38 | 1,84 | 2,28 | 2,66 | 2,97 | 3,22 | 3,44 | 3,63 | 3,81 | 3,96 |
Erhebung: 22. Januar 2010
Problematisch ist eine inverse Zinsstruktur insbesondere für alle Diejenigen, die das Primat einer fristenkongruenten Finanzierung verletzen. Sprich: Diejenigen, die langfristig Geld verleihen und versuchen, sich kurzfristig zu re-finanzieren. Bei einer normalen Zinsstruktur kann dies funktionieren (wenngleich man es nicht tun sollte). Scheitern wird ein solches Vorgehen jedoch, wenn die Zinsstruktur invers wird. Hierüber ist beispielsweise die Tochter der Hypo Real Estate gestolpert und hat die gesamte Bank mitgerissen…
Die aktuelle Zinsstruktur ist normal, homogen und sehr flach. Dies bedeutet, dass die Differenz zwischen kurz- und langfristigen Zinsen relativ gering und über die Fristigkeiten relativ gleichmäßig verteilt ist. Dies birgt eine Gefahr. In naher Zukunft werden die Zentralbanken die Zinsen erhöhen müssen, um die überschüssige Liquidität aus den Märkten zu nehmen und den Inflationsdruck zu schmälern. Hierbei ist ihr Spielraum recht gering. Wenn man davon ausgeht, dass wir auf ein Niveau zurückkehren, welches wir im Schnitt der letzten 10 Jahre hatten, werden die Zinssätze der Zentralbank in mehreren Schritten um 2,0% bis 2,25% erhöht werden.
Wenn seitens der Zentralbanken der Bedarf entsteht, das überschüssige Geld schnell aus dem Markt zu nehmen, werden es wenige und schnelle Schritte, mit denen die Zinsen erhöht werden. In der Folge werden die kurzfristigen Zinsen schneller steigen als die langfristigen. Das wiederum führt zu einer inversen Zinsstruktur. Mit der Folge, dass diejenigen Marktteilnehmer, die aus der Krise nichts gelernt haben oder sich nicht anders refinanzieren konnten, erneut in Schwierigkeiten geraten werden. Und dies schließt einige Staaten mit ein… Und als Anleger sollte man sich die Emittenten, insbesondere von Pfandbriefen, dann ganz genau ansehen.
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