Eine alte Börsenweisheit lautet: Der Aufschwung kommt vom Wasser. Soll heißen, wenn es den Häfen wieder besser geht, geht es bald auch den Binnenmärkten wieder besser.
Spannend war also gestern die Vorstellung der Geschäftszahlen des Hamburger Hafens im Vergleich zu den Ergebnissen der anderen weltweit wichtigsten Umschlagsplätze. Demnach ist der Seegüterumschlag von 110 Mio. Tonnen (2008) um rund 21% auf 80 Mio. Tonnen (2009) gesunken. Für 2010 rechnet der Hamburger Hafen jedoch mit einem moderaten Wachstum und sieht die Talsohle im Hafenumschlag als durchschritten an. Das hieße, dass wir im Laufe des Jahres mit einer spürbaren Stabilisierung der Binnenwirtschaft rechnen dürften – wenn denn die alte Börsenweisheit stimmt.
Nun ist es aber mit alten Weisheiten und Statistiken so eine Sache. Denn anders als die Weisheit geht unsere Einschätzung eher dahin, dass wir in 2010 ein sehr durchwachsenes Börsenjahr sehen werden. Es wird keinen allgemeinen Trend nach oben geben. Es wird Verwerfungen im Markt geben mit überdurchschnittlichen Gewinnern und überdurchschnittlichen Verlierern. In Summe erwarten wir eine Seitwärtsbewegung des Marktes mit ordentlichen Schwankungen.
Die ersten Belege für unsere Einschätzung sehen wir schon. Der Finanzsektor kann auf gute und solide Geschäftszahlen blicken. Das gilt für US-Banken genauso wie etwa für die Deutsche Bank oder aber auch die Allianz oder die Zürich. Abseits aller Konjunktur laufen die Aktien von Apple oder Google. Anders sieht es derzeit bei Versorgern, den Automobilherstellern und Energiekonzernen aus. Wir sehen also ein sehr heterogenes Marktgeschehen mit sehr unterschiedlichen Erwartungen. Beispielsweise die Nahrungsmittelindustrie: Unilever konnte gegen den Markttrend Umsatz und Ergebnis steigern, wurde aber trotzdem mit Kursabschlägen bestraft, weil die Erwartungen für Lebensmittler sehr schlecht sind.
Dass Regeln nicht immer und auch nicht für alle gleichermaßen gelten, zeigt uns der Januar gleich doppelt. „Wer wissentlich gestohlene Ware kauft, macht sich strafbar.“ Das ist eine international anerkannte und gültige Regel. Nur unsere Bundesregierung fühlt sich daran nicht gebunden. Sie argumentiert, den einen Rechtsbruch gegen die Aufdeckung eines anderen abzuwägen und macht sich damit erneut einer Regelverletzung schuldig: Ein Unrecht wird nicht durch ein anderes Unrecht geheilt. Bitte verstehen Sie uns nicht falsch: Steuerhinterziehung ist eine Straftat und kein Kavaliersdelikt. Aber wenn sich der Staat, dessen oberste Pflicht es ist, die Einhaltung von Normen und Regeln zu überwachen und sicherzustellen, sich selbst nicht an diese gebunden fühlt, dann ist das zumindest sehr stark zu hinterfragen. Und wenn man sich in der öffentlichen und internationalen Diskussion darüber dann auch noch derart dilettantisch anstellt, dann wird das Ganze bedenklich. Denn nun ist nicht einmal mehr gewährt, dass die illegalen Daten vor Gericht überhaupt verwendet werden dürfen. Und Deutschlands Ansehen an den weltweiten Märkten nimmt Schaden, weil die Bundesregierung, sich dem Vorwurf auszusetzen lassen muss, sie wolle sich einen Markt schaffen für den Handel mit Daten von Steuersündern… Damit stellt sie sich selbst auf eine Stufe mit den Ländern, die stillschweigend von eben diesen Steuersündern profitieren. Und wer im Glashaus sitzt, sollte nicht mit Steinen werfen, um noch eine alte Weisheit ins Spiel zu bringen.
Kehren wir also zurück zu unseren Märkten. Die alte Regel „Der Januar ist der beste Börsenmonat.“ war in diesem Jahr nun ganz und gar nicht zutreffend. Zumindest nicht bei den meisten uns bekannten Indizes. Beispielsweise der DAX: Er fiel im Laufe des Januar von 5.975 auf 5.608 Punkte.
Vertrauen Sie also nicht blind auf alte Börsenregeln, denn vielleicht hat die Finanzkrise auch die Regel über Bord geworfen? Vielleicht ist nun der März der beste Monat – so wie im Vorjahr? Oder der Dezember ? Oder sofort?
An der Börse ist eines sicher – das können wir Ihnen versprechen: Es geht abwärts und aufwärts. Und meist genau dann, wenn Sie es nicht erwarten. Und: Es wird an der Börse nicht geläutet, wenn es aufwärts geht – genauso wenig wie anders herum.
Natürlich gibt es die Propheten und die Anhänger des „Market Timing“ – die Kunst, sagte mal einer, liege nur darin rechtzeitig ein- und wieder auszusteigen. Ja – wenn es denn so einfach wäre. Gerade bei Privat-Anlegern ist ein Phänomen leider sehr verbreitet: sie steigen zum Höchststand ein, verkaufen im Tiefpunkt – und warten dann lange ab und sehen den steigenden Kursen zu, um dann (viel zu spät) wieder einzusteigen. 2009 war ein sehr, sehr gutes Börsenjahr. Jeder konnte sämtliche Verluste aus 2008 kompensieren – aber nur, wer durchgehend investiert war – und weltweit gestreut hatte.
Und damit gilt eine Börsenregeln dann doch: Niemals alle Eier in einen Korb! Übersetzt – Investitionen in Aktien sollten breit gestreut; nicht nur im Heimatmarkt, sondern weltweit. Aktuelle Markttrends sollten regelmäßig angepasst werden. Und vor allen Dingen sollten Sie Marktbewegungen aussitzen können – falls Sie Ihre Stop-Loss-Marke einmal übersehen haben sollten.
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