Das war sie wieder – die Börsenwoche. Und in diesem Moment, in welchem wir diesen Beitrag verfassen steht der DAX 6.125 Punkten (Vortag 6.139). Wir sind damit nur noch rund 100 Punkte (oder 1,6%) von dem Niveau direkt vor der Lehman-Pleite entfernt… Und das ist nicht nur die Situation am deutschen Kapitalmarkt. In den USA hat der Dow einen Wert von 10.880 Punkten erreicht. Zum Stand vom 12. September 2008 von 11.421 Punkten fehlen nur noch 541 Punkte. Und so nehmen wir eher heitere, fast schon gut gelaunte Töne vom Handelsparkett wahr. Alles sei gut und ausgestanden. Ungläubig möchte man sich die Augen reiben und leise den Kopf schütteln. Krise? War da was? Wenn man den Händlern zuhört, könnte man den Eindruck gewinnen als sei nie wirklich etwas gewesen…
Vorsicht! Die Krise ist noch nicht zu Ende, geschweige denn überwunden. Wir wollen hier nicht die “Miesepeter” spielen… aber wir wollen noch einmal kurz das Eine oder Andere ins Gedächntnis rufen. Fangen wir mit der HRE (der Hypo Real Estate Bank) an. Die mittlerweile im Staatsbesitz befindliche Bank schreibt noch immer rote Zahlen. Mit einem Verlust von 5,5 Mrd. Euro ware die HRE in 2008 faktisch am Ende und konnte nur durch das Eingreifen des Bundes gerettet werden. Jetzt hat sie weitere 2,2 Mrd. Euro verloren – und dazu ihren Vorstandsvorsitzenden Axel Wieandt. Der hat das Handtuch geschmissen – wegen “kultureller Differenzen” mit dem Allein-Eigentümer, dem Bund. Dem Vernehmen nach geht es darum, Leistungsträger bei der HRE zu halten und ein “Ausbluten auf der zweiten Ebene” zu verhindern. Der staatliche Rettungsfonds SOFFIN hat sich quergestellt. Derweil kündigt die HRE an, dass sie auch in 2010 und 2011 Verluste einfahren wird.
Machen wir weiter mit Griechenland. Die Mitglieder der Eurozine haben sichn un doch auf ein Rettungspaket verständigt – für den Fall, dass es notwendig werden sollte. Das ist gut und richtig. Denn schon allein das Bekenntnis, für den Partner Griechenland einstehen zu wollen, stützt bereits das Vertrauen an den Märkten. Und letztlich hilft sich die Eurozone damit selbst. Der Euro gewinnt gegenüber dem US-Dollar wieder an Stabilität. Und Stabilität ist wichtig in der Eurozine – zumal bereits im kommenden Sommer Estland an die Tür der Eurogrupe klopfen wird und herein möchte. Als erstes baltisches Land möchte es Mitglied in der Eurozone werden. Während einige also davon reden, dass es den Euro nicht mehr lange geben würde und sich die Eurozone auflösen wird, wollen andere Mitglied werden.
Der Griechenland-Plan sorgt also für Beruhigung an den Märkten. Er darf aber nicht darüber hinweg täuschen, dass mit dem Plan die Probleme Griechenlands noch lange nicht gelöst sind. Und die von Italien, Spanien und Portugal ebenfalls nicht. Die Statistiker von den Rentenmärkten emlden zwar mit großer Freude, dass die Risikoaufschläge für griechische Staatsanleihen um 32 Basispunkte gesunken sind, doch noch immer beträgt der Aufschlag gegennüber deutschen Titeln 305 Basispunkte. Und ob der Rückgang wirklich durch den Griechenland-Plan kam oder vielleicht auch durch die Ankündigung von EZB-Präsident Trichet, dass die reduzierten Anforderungen an zentralbankfähige Sicherheiten vorerst beibehalten werden sollen, kann niemand sagen.
Das bringt uns zu unseren Freunde auf der Insel. Die Briten stehen nun ziemlich alleine da mit ihrem Pfund im englischen Regen. Der Wert des Pfundes kennt – von kleinen Verschnaufpausen abgesehen – nur eine Richtung abwärts. Mit großen Schritten nähern wir uns der Parität von Pfund und Euro. Jetzt wird jetzt allerhöchste Zeit, dass die Briten etwas für ihre Währung tun. Zur Erinnerung: vor drei Jahren musste man für ein Pfund Sterling rund 1,50 EUR bezahlen; heute sind es noch 1,11 EUR. Und das trotz der gegenwärtigen Euro-Schwäche. Richtig ist, dass der Kurs des Pfund momentan auch von Spekulanten gegrückt wird. Wer bei Griechenland nicht zum Zuge kam, probiert es jetzt bei den Briten. Und die Chancen stehen gut. Die Insel wird mit zu den großen Verlieren der Krise zählen. Eingeleitet hat sie ihren wirtschaftlichen Niedergang selbt – seit Jahren bleiben dringende Reformen und ebenso dringende Investitionen in die Infrastruktur aus. Deshalb verliert das Pfund kontinuierlich an Wert – nicht erst seit der Krise. Diese hat den Vorgang nur beschleunigt.
Und nun in die USA… Beeindruckend wie schnell die Wallstreet vergisst und vergessen möchte, was dort geschehen ist, und welches Chaos sie an die übrigen weltweiten Finanzmärkte exportiert hat. Glänzende Stimmung dort – auch gestützt durch ein stabiles Verbrauchervertrauen, welches wiederum die Inlandsnachfrage stützt, die rund zwei Drittel der US-Sozialproduktes ausmacht.
Und was heißt das nun?
Die Krise ist noch nicht vorbei. Lassen wir uns nichts vormachen. Das war es noch nicht – aber der Boden ist erreicht. Und es zeigt sich schon jetzt, dass es nicht den allgemeinen Aufwärststrend über alles und alle geben wird. Vielmehr wird es (wie immer) Gewinner und Verlierer geben. Und – das ist wichtig – es wird in jedem Sektor, in jeder Branche und im jedem Land sowohl Gewinner als auch Verlierer geben. D.h. bei der Auswahl der Investitionen ist besondere Sorgfalt geboten. Und schließen wollen wir heute mit guten Nachrichten. Dass der Boden erreicht ist, zeigen zwei sehr erfolgreiche Börsengänge, wie wir in den vergangenen Tagen gesehen haben. Kabel Deutschland und Tom Tailor sind nun öffentlich notiert – und übertrafen die jeweiliegen Erwartungen an ihr Börsendebut. In einem schlechten Marktumfeld mit insgesamt trüben Aussichten wäre das nicht möglich gewesen…
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