Der Vulkanausbruch auf Island ist in aller Munde. Es er ist ohne Zweifel das populärste Thema in den Medien. Natürlich auch getrieben durch die spektakulären Bilder ist das öffentliche Interesse sehr groß. Verlockend ist also die Versuchung für viele Marktteilnehmer sich selbst mit dem Naturereignis in Verbindung zu bringen, um so von der öffentlichen Aufmerksamkeit zu profitieren. In der Folge gibt es mehr oder weniger sinnvolle und sinnfreie Diskussionen über die Folgen des Vulkanausbruches.
Um im Bild des Vulkanes zu bleiben, sollte uns an den Kapitalmärkten ein ganz anderer Vulkan vielmehr beschäftigen. Wir stehen kurz vor einem Vulkanausbruch auf dem englischen Finanzmarkt. Zugegeben – kein Naturereignis, sondern von Menschenhand geschaffen. Aber sehr wahrscheinlich mit viel größeren Folgen als das Ereignis aus Island. Und ebenso deutlich grummelt es an der Wall Street durch die Anklage der SEC (us-amerikanische Börsenaufsicht) gegen GoldmanSachs wegen Betruges. Die weltgrößte Investmentbank wird verdächtig gegen die eigenen Kunden spekuliert zu haben und diese bewusst über das verborgene Stillhalter-Geschäft nicht informiert zu haben. Der Schaden für die Kunden des Hauses beträgt über eine Milliarde US-Dollar, davon entfallen allein 150 Millionen Dollar auf die deutsche IKB, die in der Folgen mit deutschen Steuergeldern gestützt werden musste. Auch hier droht eine bedeutende Eruption an den Finanzmärkten.
Kennen Sie PIGS? PIGS steht für Portugal, Irland, Griechenland und Spanien – und soll die Gruppe der Länder bezeichnen, welche gerade besonders schwache konjunkturelle Aussichten haben und sich destabilisierend auf den Euro auswirken könnten. Über das Griechenland-Thema haben wir ausreichend informiert. Und wie prognostiziert, zeichnet sich eine Lösung ab, welche es für die Spekulanten unattraktiv macht, weiter gegen den Staat der Helenen zu spekulieren.
Wie von aus aber bereits am 12. März vorhergesagt, wenden sich die Spekulationen nun gegen unsere britischen Freunde. Das Pfund ist zum Spielball der Akteure geworden und ist faktisch zur Weichwährung verkommen. Die Neu-Verschuldung befindet sich auf griechischem Niveau. Reform-Stau in der Politik, düstere Perspektiven auf dem Arbeitsmarkt, völlig desolates Gesundheitssystem, überaltete Infrastruktur – das sind nur einige Schlaglichter auf die britischen Sorgen, welches das Land zum „kranken Mann Europas“ haben werden lassen.
Die Insel war noch nie so pleite wie heute – und hatte noch nie eine so schlechte Ausgangslage, um sich zu berappeln. Kein Wunder also, dass die Rating-Agenturen öffentlich ankündigen, die Bonitätseinstufung des Vereinigten Königreiches nach unten zu korrigieren. Kein Wunder, dass sich das Pfund im mehr oder weniger freien Fall befindet.
Auf der Insel braut sich was zusammen – ein Ausbruch steht bevor. Ende der 1970-er Jahre kam es zu gewalttätigen Arbeitskämpfen und einer kapitalen Währungskrise, die dazu führte, dass die Insel beim IWF (internat. Währungsfonds) um Hilfe bitten musste. Noch heute gilt das „um Hilfe bitten müssen“ als nationale Schande – aber man ist heute nicht mehr weit davon entfernt. Ganz im Gegenteil: die Probleme sind heute noch größer.
1992 zwang ein gewisser Georges Soros das Pfund in die Knie. Anlass war eine Überbewertung des Pfund im EWS (Europäischen Währungssystem). Und die Spekulationen von Soros führten dazu, dass das Pfund nur ein kurzes Gastspiel im EWS hatte und zwangsweise wieder ausscheiden musste.
Ohne uns in die Politik auf der Insel einmischen zu wollen, kann man doch sagen, dass die Labour-Regierung das Land in eine sehr schwierige Situation gebracht hat. 1997 betrug das jährliche Defizit 6 Milliarden Pfund; heute (13 Jahre später) sind es 163 Milliarden Pfund. Dies entspricht 11,8% des BIP. Es sind also tatsächlich griechische Verhältnisse.
Wenn die Spekulationen weitergehen und auch die anstehenden Wahlen in Großbritannien keine eindeutigen Mehrheitsverhältnisse schaffen, könnte es sein, dass Jim Rogers recht behält. Er sagte, dass das Pfund am Ende sei und er niemandem raten würde auf der Insel zu investieren. Jim Rogers übrigens war Partner von Georges Soros…
Schauen wir also kritisch auf den Wechselkurs des Pfund. Gegenüber dem Euro gibt es zwei ganz wichtige Marken. 1.) 0,95 Pfund je Euro und dann die Parität. Ein Pfund für einen Euro. Zur Erinnerung: bis Herbst 2007 (also lange vor der Finanzkrise) stand das Pfund mehr oder weniger konstant bei rund 66 Pence je Euro. Seitdem verlor das Pfund stetig an Wert. Anfang 2009 wurde erstmalig die Marke von 95 Pence je Euro gekratzt.
Aber auch diese Medaille hat zwei Seiten. Eine Abwertung des Pfund ist der britischen Regierung und Wirtschaft durchaus recht – solange sie in einem gewissen Rahmen bleibt. Mit jeder Abwertung steigt die Wettbewerbsfähigkeit an den Exportmärkten. UK verbessert seine Position – ohne, dass man sich um Reformen, Innovationen oder schmerzhafte Einschnitte hätte bemühen müssen. Allerdings geht diese Abwertung zu Lasten der Ersparnisse der eigenen Bevölkerung. Schleichend werden die Briten ihre Zeche selbst bezahlen müssen – nur, dass ihnen das ihre Politik nicht sagen möchte. Mit der Erinnerung an den Winter der Unzufriedenheit in den 1970-ern, scheint es Usus auf der Insel zu sein, schmerzhafte Reformen lieber zu vermeiden und stattdessen das Geld einfach zu entwerten. Auch hier befindet man sich mit den Griechen auf Augenhöhe.
Aktuell schwankt das Pfund um die Marke von 90 Pence je Euro. Das ist ein Verlust von 36% des Außenwertes der britischen Währung gegenüber dem Euro innerhalb von 3 Jahren. Oder faktische 12% Inflation pro Jahr – das dürfte der Wahrheit ziemlich nahe kommen. Es ist absehbar, dass die britische Immobilienblase bald platzen wird. Angesichts des Wertverfalls des Pfunds werden britische Mieterträge für ausländische Investoren immer weniger wert; die Immobilien werden unattraktiver. Die Mieten müssten explosionsartig steigen – was sie nicht tun werden, da die Wirtschaft am Boden liegt. Und spätestens wenn die britische Notenbank die Leitzinsen anhebt (was sie angesichts des Inflationsdruckes über kurz oder lang tun muss), wird der Markt für Wohnimmobilien auf der Insel in Schieflage geraten.
Es braut sich etwas zusammen auf der Insel: Ein Vulkanausbruch.
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