Sahra Wagenknecht und die Tiefen des dt. Steuerrechts
In Interviews von Frau Wagenknecht (und anderen der Parteispitze DIE LINKE) ist immer wieder zu hören und zu lesen, dass es in Deutschland keine Steuergerechtigkeit gebe, weil Arbeitseinkommen höher besteuert würden als Vermögenseinkommen. Ich kann nicht beurteilen, ob Frau Wagenknecht und ihre Partei-Kollegen es nicht besser wissen oder sie nur einfach falsch informiert oder beraten wurden – oder ob einfach nichts anderes in die Partei-Doktrin passt. Denn genau das Gegenteil ist richtig. Und daran ändert auch nichts, wenn Frau Wagenknecht „gebetsmühlenartig“ ihr ideologisches Schein-Argument wiederholt. Es bleibt falsch und wird auch die Wiederholung nicht richtiger.
Tatsächlich ist es so, dass in Deutschland Vermögenseinkommen höher besteuert werden als Arbeitseinkommen (und daran hat auch die Einführung der Abgeltungssteuer nichts geändert). Dies wollen wir nun im Weiteren näher beleuchten und für jeden nachvollziehbar machen.
Wir gehen davon aus, dass in einem Unternehmen ein noch unversteuerter Ertrag von 100 EUR angefallen ist. Dieser Ertrag soll einmal (Fall A) einem Arbeitnehmer als Lohn/Gehalt zufließen oder aber (Fall B) einem Aktionär als Gewinn ausgeschüttet werden. (dieser Aktionär kann natürlich auch der gleiche Mitarbeiter sein, der eine Dividende auf seine Mitarbeiter-Aktien bekommt)
Fall A bildet die Situation der Besteuerung von Arbeitseinkommen ab; Fall B die Besteuerung von Vermögenseinkommen.
Fall A
Das Unternehmen bezahlt die 100 EUR als Brutto-Arbeitslohn an den Arbeitnehmer. Dieser muss die 100 EUR versteuern – es fällt Lohnsteuer bzw. Einkommensteuer und darauf der Solidaritätszuschlag an. Die Höhe der Steuerlast ist abhängig von der persönlichen Situation und dem persönlichen Steuersatz. Gehen wir von einem Durchschnittsverdiener aus (verheiratet, zwei Kinder, Allein-Verdiener, 3.600 EUR brutto), so beträgt der Steuersatz im Schnitt 10,3% (ohne Kirchensteuer); der Solidaritätszuschlag fällt nicht an. Dies bedeutet, dass der beispielhafte Arbeitnehmer auf die 100 EUR, welche ihm zufließen, rund 10,30 EUR Steuern zu bezahlen hat. (Steuerklasse 3,2) Nach Steuern verbleibt ein Betrag von 89,70 EUR.
Machen wir es teurer und gehen von einem alleinstehenden Spitzenverdiener ohne Kinder aus. Steuerklasse 1,0, monatliches Brutto: 20.000 EUR. Die Lohn-/Einkommensteuer beträgt 7.442,08 EUR zzgl. 409,31 EUR Solidaritätszuschlag. Der Steuersatz beträgt: 37,21% zzgl. 5,5% hierauf = rund 39,3% in Summe. Eine höhere steuerliche Gesamtbelastung der Arbeitseinkommen ergibt sich in praxi kaum noch. Theoretisch gleicht sich bei noch höheren monatlichen Einkommen der maßgebliche Durchschnittssteuersatz (= steuerliche Belastung auf das gesamte Einkommen) dem Grenzsteuersatz (= steuerliche Belastung auf die zuletzt verdienten Einkommensteile) an. Der so zu berechnende Maximalsteuersatz beträgt 42% zzgl. 5,5% hierauf = 44,3%, welcher aber de facto nie als Gesamtsteuerbelastung anfällt.
(Wenn Sie selbst nachrechnen möchten… z.B. www.abgabenrechner.de – der offizielle Steuerrechner des Bundesministeriums für Finanzen)
Fall B
Das Unternehmen möchte die 100 EUR als Dividende an die Aktionäre ausschütten. Zunächst fallen Körperschaftsteuer und Solidaritätszuschlag sowie Gewerbesteuer an. Die Körperschaftsteuer beträgt 15%. Hinzu kommen 5,5% Solidaritätszuschlag auf den Steuerbetrag, so dass sich eine Belastung in Summe von 15,8% ergibt. Die Höhe der Gewerbesteuer ist abhängig von der Rechtsform des Unternehmens, dem Sitz (in welcher Gemeinde), der Betriebsstätten etc.. Im Schnitt liegt die Gewerbesteuerbelastung bei knapp 15%. Das bedeutet, dass beim Aktionär von den 100 EUR zunächst einmal 100 EUR – 15 EUR – 0,83 EUR – 15 EUR = 69,17 EUR als zu versteuernde Dividende ankommen.
Auf diesen Betrag ist nun die Abgeltungsteuer in Höhe von 25% fällig und hierauf wiederum der Solidaritätszuschlag. Es ergibt sich ein Betrag in Höhe von 69,17 EUR – 17,29 EUR – 0,95 EUR = 50,93 EUR als Netto-Dividende, der beim Empfänger des Vermögenseinkommen ankommt. Die Besteuerung des Vermögenseinkommen beträgt also 49,07%.
Fazit
Liebe Leserinnen, liebe Leser, liebe Frau Wagenknecht, wir sehen, dass Vermögenseinkommen höher besteuert werden als die Arbeitseinkommen. Es ist also genau umgekehrt, als es die Partei DIE LINKE behauptet. Lassen wir uns also nicht blenden von falschen Argumenten – egal, wie oft diese vorgetragen werden. Wünschenswert wäre es, wenn sich DIE LINKE künftig an Tatsachen halten würde und auf das Verbreiten von offensichtlichen Falschem verzichtet.
Hinweise zur Person von Frau Wagenknecht:
- Studium der Philosophie und Neueren Deutschen Literatur
- wirtschaftspolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE
- stellvertretende Vorsitzende der Partei DIE LINKE
(Quelle: http://www.sahra-wagenknecht.de/de/topic/38.lebenslauf.html)
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