Sie kennen das – beim Einkaufen. Eine freundliche Dame oder ein freundlicher Herr fragt Sie höflich: „Darf es ein bisschen mehr sein?“ Sie nicken pflichtschuldig, sagen „Gern.“ und nehmen ihren Einkauf entgegen.
Hinter dem gedachten Tresen im Bundestag steht Frau Merkel und verkündet, dass der Euro eine Schicksalsgemeinschaft sei. Darf es also ein bisschen mehr sein? Z.B. 148 Mrd. Euro statt ursprünglich 22,4 Mrd. Euro?
Nein, Frau Merkel – das darf es nicht. Und nein, Sie irren sich – der Euro sollte nie einen Weg in eine Solidargemeinschaft weisen. Er war anders konzipiert und ins Leben gerufen worden. Ganz im Gegenteil: Der Stabilitätspakt schloss ausdrücklich wechselseitige Hilfen aus und sah zudem vor, dass ein disziplinschwaches Mitgliedsland nicht nur keine Hilfen bekommt, sondern darüber hinaus auch Sanktionen zu tragen hat.
Was will uns die Politik also verkaufen? Von was soll es „ein bisschen“ mehr sein, dass uns zusätzlich 120 Mrd. Euro kostet und zugleich – wie nicht anders zu erwarten – Negativ-Reaktionen an den Märkten hervorrief?
Dem Anschein nach hat man sich tatsächlich in Berlin, Paris, Madrid, … der Illusion hingeben, dass man mit der Zusage zum Rettungspaket für Griechenland für Ruhe an den Märkten sorgen würde. Und man ist nun fürchterlich überrascht, dass genau das Gegenteil passiert. Hier können wir nur leise den Kopf schütteln, denn es war absehbar, dass die Märkte das Paket mit einem Volumen von 750 Mrd. „neuen“ Euros nicht goutieren würden. Wer sich jetzt über einen fallenden Euro-Kurs öffentlich wundert, der hat vielleicht nicht verstanden, dass die Märkte nur die zu erwartende Geldentwertung durch die Inflation der neuen Geldmenge vorweg nehmen. Nichts anderes passiert. Wenn wir rückwärts rechnen, sehen wir einen Kaufkraft-Verlust zum US-Dollar von rund 1,35 USD auf nun 1,23 USD. Dies entspricht einem Minus von rund 8,88%. Wenn man diesen Wert umlegt auf die drei Jahre, welches das Paket andauern soll, gelangt man zu einem Wert von 2,96% p.a. zusätzliche Inflation durch das Paket. Wenn wir weiterhin davon ausgehen, dass die Auslastung von Produktionskapazitäten, Kaufkraftzugewinnen etc. nur sehr begrenzte Spielräume für Preissteigerungen in der EU zulassen – sagen wir 1% p.a. – so gelangen wir zu einer erwarteten Inflationsrate von 3,96% p.a. Das ist ein Wert, der nach Ansicht vieler Politiker im Rahmen des Akzeptablen liegt. In manchen EU-Ländern wünscht man sich eine wesentlich höhere Inflationsrate – wie z.B. in Frankreich, Spanien, Italien, Griechenland.
Warum? Weil man seine Staatsschulden dann teilweise durch die Inflation bezahlen kann. Schleichend spart man so: 3 Jahre * 3,96% = 11,88%. Gleichzeitig erfahren export-orientierte EU-Länder eine Art Konjunktur-Programm für die Exportwirtschaft. So werden z.B. deutsche Waren für Kunden außerhalb der EU preiswerter, innerhalb der EU bleibt alles paritätisch. Wenn die unbestritten sich verschlechternden Einkaufspreise im Dollar z.B. für Öl und Erze durch Produktivitätsfortschritte ausgeglichen werden können, dann erreicht man in Summe der Effekte einen Netto-Gewinn, den man natürlich wieder besteuern kann.
Warum waren sich die EU-Finanzminister also so schnell einig? Weil alle EU-Staaten etwas davon haben. Die großen Sünder gehen nicht bankrott, die kleineren Sünder können ihre Schulden leichter bezahlen und die Exportländer können besser exportieren. Wer zahlt die Zeche? Die EU-Bürger. Ihr Vermögen wird durch die erhöhte Inflation und die geringer werdende Kaufkraft des Euro ein wenig mehr entwertet als durch die „gewöhnliche“ Inflation. Für die Politik ist das alles gut, solange es niemand merkt; die Inflation (der Wertverlust des Geldes) sich in Grenzen hält, das Ganze schleichend verläuft.
Das Problem entsteht, wenn die Märkte sichtbar machen und vorweg nehmen, was da passiert. Dann will die Politik ein Teil des Geldes refinanzieren und denkt sich dazu wunderbare Steuern aus, die mit dem Etikett versehen werden, dass die Nutznießer der „Stabilisierung“ an den Kosten dieser beteiligt werden sollen. Eine Blendgranate jagt die nächste… Finanztransaktions-Steuer, Finanzmarkt-Aktivitäts-Steuer,… Wer wird diese bezahlen? Am Ende wir, die Bürger und Kunden der Banken und Kapitalmärkte. Auf uns werden diese Steuern umgewälzt. Das bedeutet: Am Ende werden wir doppelt zur Kasse gebeten. Einmal durch den Kaufkraftverlust und ein zweites Mal durch die Umwälzung von neuen Steuern. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt?
Mag sein. Aber Politik sollte ehrlicher sein. Sie sollte uns Bürger nicht zu den Melkkühen machen wollen. Sie sollte uns reinen Wein einschenken. Und sie sollte uns fragen, wie sie mit unser aller Vermögen umzugehen hat. Und dann sollte sie zu Maßnahmen greifen, die wirklich die gewünschte Wirkung entfalten und nicht gleich an den Märkten verpuffen. Wir kommen deshalb auf unseren Vorschlag vom 30. April zurück… Es wäre besser und preiswerter gewesen, Griechenland zu helfen und zugleich die Griechen für einen bestimmten Zeitraum aus dem Euro heraus zu nehmen – mit einer Rückkehr-Option nach gemachten Hausaufgaben. Und was eine sinnvolle Regulierung der Märkte anbelangt, verweisen wir auf unseren Beitrag vom 7. Mai und verweisen zugleich auf die USA.
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