Vor genau einem Jahr haben wir unseren Ausblick für den europäischen Rentenmarkt veröffentlicht. Diesen wollen wir heute aktualisieren…
Auch im Jahr 2011 wird es nicht einfach werden, mit deutschen oder/und europäischen Rententiteln Geld zu verdienen. Die Anbieter von Rentenfonds bleiben in einem schwierigen Fahrwasser – und diese Aussage gilt in ihrer Grundausrichtung gleichermaßen für die weltweiten Rentenmärkte.
Zinsen in Deutschland 1948 – 2010
Kommen wir zurück zum generellen Ausblick für den Euro-Rentenmarkt. Dazu haben wir uns einmal die wichtigsten Zinssätze für Deutschland von Juli 1948 bis Dezember 2010 (* aktualisiert im Januar 2011) näher angesehen. Seit 1999 werden diese durch die Europäische Zentralbank festgelegt und gelten somit für den gesamten Euroraum.
Die nebenstehende Grafik (klicken zum Vergrößern) zeigt den Verlauf der wichtigsten Zinssätze über den Zeitraum Juli 1948 bis Dezember 2010.
Seit Juli 2009 lauten die Zinssätze wie folgt:
Basiszins: 0,12%
Einlagenzins: 0,25%
Leitzins: 1,00%
Spitzenrefinanzierungssatz: 1,75%
Es besteht ein weiterhin ein Zinsdruck.
Unschwer ist zu erkennen, dass die Zinsen nicht mehr weiter fallen können. Über die historisch niedrigen Sätze hat die Europäische Zentralbank (EZB) im Zusammenspiel mit den anderen Zentralbanken der Welt Geld in die Märkte gepumpt. Mit dem Ziel, die europäischen Volkswirtschaften zu stabilisieren – aber auch zugleich einen signifikanten Beitrag zur Stabilisierung der Weltwirtschaft zu leisten. Gegenwärtig muss man sagen, dass dies funktioniert hat. Es gibt aber einen Zwang, dass eigentlich überschüssige Geld beizeiten wieder aus dem Markt zu nehmen. Dieser Zwang heißt Inflation.
Und befindet sich die EZB in einem Dilemma. Mit Blick auf ihr größtes Mitgliedsland, die Bundesrepublik, wäre es angezeigt, die Zinsen zu erhöhen. Eine Zinserhöhung könnte aber gerade die süd-europäischen Länder noch weiter in Schwierigkeiten treiben und deren Kollaps verursachen. Also ist die Entscheidung der EZB, die Zinsen unverändert zu lassen, bis sich die Lage in den PIGS-Staaten stabilisiert hat.
Preisindex und Inflation in Deutschland (HVPI 2005 = 100)
Die nebenstehende Grafik (klicken zum Vergrößern) zeigt die Entwicklung der Inflation in Deutschland von 1970 – 2010. Wie von uns vorher gesagt, ist in 2010 die Inflationsrate in Deutschland wieder angestiegen. Der offizielle Wert beträgt 1,12% für 2010. Die „gefühlte“ Inflationsrate liegt bei ca. 5%. In dieser Ermittlung wird nicht nur der sog. Standardwarenkorb gemessen, sondern auch die Häufigkeit, mit der die Waren eingekauft. Und so wirken sich gesunkene Preise für Computer deutlich geringer aus als etwa die drastisch gestiegenen Preise für Obst und Gemüse…
Inflationsraten für Deutschland in der Übersicht:
1970 – 2010: 2,93% p.a. im Schnitt
2001 – 2010: 1,59% p.a. im Schnitt
2006 – 2010: 1,59% p.a. im Schnitt
2009: 0,38%
2010: 1,12%
Als eine “angemessene” Inflation wird gemeinhin ein Wert zwischen 2,50% und 3,00% p.a. angesehen – und auch gewünscht. Und weil wir zuletzt eine lange Periode der Geldwertstabilität erfahren haben, sei an dieser Stelle an die Jahre 1973 (7,05%), 1981 (6,36%) oder 1991 (5,13%) erinnert. Wenn Sie nun einen Blick in die oben stehende Grafik werfen, sehen Sie, dass die Zentralbank die Inflation immer mit Zinssteigerungen bekämpft hat. Wir können also davon ausgehen, dass sich die Zentralbanken wieder so verhalten werden. Jedoch nicht in der kurzen Frist… Dies und das Dilemma der Zentralbank eröffnet damit für spekulationsfreudige Anleger eine interessante Option: den Kauf von kurzlaufenden z.B. griechischen Staatsanleihen. Mit diesen ließe sich durchaus Geld verdienen – mit einem entsprechenden Risiko – und Halten bis zum Erreichen der Fälligkeit in kurzer Frist.
Die aktuelle Zinsstruktur ist normal, homogen und sehr flach. Dies bedeutet, dass die Differenz zwischen kurz- und langfristigen Zinsen relativ gering und über die Fristigkeiten relativ gleichmäßig verteilt ist. Dies birgt eine Gefahr. In naher Zukunft werden die Zentralbanken die Zinsen erhöhen müssen, um die überschüssige Liquidität aus den Märkten zu nehmen und den Inflationsdruck zu schmälern. Hierbei ist ihr Spielraum recht gering. Wenn man davon ausgeht, dass wir auf ein Niveau zurückkehren, welches wir im Schnitt der letzten 10 Jahre hatten, werden die Zinssätze der Zentralbank in mehreren Schritten um 2,0% bis 2,25% erhöht werden.
Fazit:
Die Zinsen werden steigen. Dies bedeutet, dass am Markt befindliche Rentenpapiere an Wert verlieren werden, da ihr Kurs auf ihrem Zinskoupon und ihrer Restlaufzeit im Verhältnis zum heutigen besonders geringen Zinsniveau basiert. Zu deutsch: bei einer Zinserhöhung werden die Kurse und damit der Wert der aktuellen Rententitel fallen. Die Umlaufsrenditen über alle dann am Markt befindlichen Rentenpapiere werden sich dem steigenden Zinsniveau anpassen. (Kurzläufer könnte man aussitzen…)
Zusammengefasst lässt sich also sagen: Wenn zum einen die Inflation (und sei es nur in einem gesunden Maß von zwei bis drei Prozent) zurückkommt und zugleich die Zinsen erhöht werden, wirken gleich zwei Effekte auf die Renten ein. Die steigenden Zinsen sorgen für einen Kurs- und damit Wertrückgang der Papiere selbst; die steigende Inflation entwertet die laufenden Netto-Erträge und Kurse nochmals.
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