2014 ist es wieder soweit… bereits die scheidende Bundesregierung hat sich im Zuge der Umsetzung der Energiewende zu einer weiteren Verschärfung der EnEV 2009 entschlossen. Gegenüber dieser sollen die Anforderungen für den Bestand im Durchschnitt um 20% steigen; für den Neubau im Durchschnitt um 25%. Aber was heißt das eigentlich?
Machen wir uns das einmal am Beispiel eines Wohngebäudes klar. Die EnEV 2009 sieht für einen Neubau (oder eine Kernsanierung) im Bereich der Wohngebäude vor, dass der Jahresprimärenergie-Bedarf eines Gebäudes einen bestimmten Wert nicht überschreiten darf (gleichzeitig gilt im Übrigen auch, dass der Transmissionswärmeverlust ebenfalls einen bestimmten Wert nicht überschreiten darf). Um den Energiebedarf eines Gebäudes zu ermitteln schreibt die EnEV das „Referenzgebäudeverfahren“ vor. Also ein fiktives Gebäude, an welchem sich beispielsweise auch die Kreditprogramme der Kreditanstalt für Wiederaufbau (kfw) festmachen.
Die EnEV 2009 sieht, vereinfacht gesagt, vor, dass im Wohnungsneubau ein Primärenergiebedarf von 70 kWh pro qm und Jahr nicht überschritten werden darf. Hieran machen sich sodann die staatlichen Förderprogramme fest. Das kfw-Effizienzhaus 100 hat also einen maximalen Energiebedarf von 100% des EnEV-Wertes, mithin 70 kWh/qm und Jahr. Ein kfw-Effizienzhaus hat dementsprechend einen „Verbrauch“ von 55% des Sollwertes, mithin also rund 40 kWh/qm und Jahr.
Um uns das einmal vorzustellen… 10 kWh entsprechen ungefähr der Energie von einem Liter Öl oder einem Kubikmeter Erdgas. 10 kWh entsprechen im Übrigen ziemlich genau 8.600 kcal, also ungefähr 15 Tafeln Schokolade. 70 kWh in einem Jahr sind also 105 Tafeln Schokolade oder 60.200 kcal. Pro Tag sind es rund 165 kcal, die ein Gebäude im Schnitt des Jahres pro Quadratmeter maximal an Primärenergie verbrauchen darf – oder etwas mehr als ein Viertel einer Tafel Schokolade.
Dieser Wert soll nun in 2014 um 25% gesenkt werden. Der Referenzverbrauch soll dann von 70 kWh auf rund 53 kWh sinken. Oder in Kalorien gesprochen: auf 124 kcal pro Tag und Quadratmeter, also auf deutlich weniger als ein Viertel einer Tafel Schokolade. (ungefähr das, was das Titelbild zeigt)
Das klingt harmlos… ist es aber nicht. Denn um die Einsparungen zu erreichen, sind zusätzliche Maßnahmen im Neubau und in der Sanierung notwendig, die über das bisherige Niveau weit hinausgehen. Dies ist mit zusätzlichen Kosten verbunden.
Wenn nun aber die kommende Bundesregierung sich zugleich auf die Einführung einer Mietpreisbremse verständigt, werden die Ziele konterkariert, da die Eigentümer und Investoren die Kosten für den Neubau wie für die Sanierung schwerer zu refinanzieren sind.
Wer nun gleichzeitig einen Mangel an „bezahlbarem“ Wohnraum beklagt und zudem energetisch modernste Gebäude fordert, scheint in einer anderen Wirklichkeit zu leben – oder dem Prinzip „wasch‘ mir den Pelz, aber mach‘ mich nicht nass“ zu folgen.
Tatsächlich beraten die Koalitionäre derzeit darüber, dass eine Mietpreisbremse kommen wird, um den Anstieg der Mieten in den Ballungsräumen zu bremsen. Im Gespräch ist, dass bei Wiedervermietungen die Mieten nicht mehr als 10 Prozent über dem ortsüblichen Mietniveau liegen dürfen. Bestehende Mieten sollen innerhalb von vier Jahren nur noch um 15 Prozent steigen dürfen, nicht wie bisher um 20 Prozent in drei Jahren.
Damit begeht die kommende Bundesregierung, noch nicht einmal im Amt, den ersten großen Fehler. Sie setzt die völlig falschen Anreize und Signale. Und sie behindert ihr eigenes Ziel- nämlich die notwendigen Investitionen in die Instandhaltung und Modernisierung bereits bestehender Mietwohnungen und gleichermaßen den Wohnungsneubau. Gleichzeitig befördert sie den Prozess der Verstädterung und der „Landflucht“ – mit allen damit verbundenen Problemen.
Die Politik widerspricht sich hier selbst… Energiewende oder Mietpreisbremse? Was denn nun? Die Ziele sind nicht kompatibel, da die Mietpreisbremse wie eine Investitionsbremse wirkt und so die eigentlich gewünschten und geforderten Investitionen in den Wohnungsbestand behindert. „Heilbar“ wäre das nur mit Subventionen und Mittelzuwendungen, um das politische Fehlverhalten wirtschaftlich zu korrigieren. Dies wäre erneut ein Ausdruck von Ineffizienz und Mittelverschwendung.
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